ABV gegen Erwerbstätigenversicherung

Spitzenverband spricht sich gegen eine Erwerbstätigenversicherung aus. Henke: "Realistisch betrachten statt romantisch!"

Die Forderung nach der Einbeziehung neuer Gruppen in die gesetzliche Rentenversicherung ist nicht neu – doch bislang war sie vor allem eine Wunschvorstellung der politischen Ränder. Inzwischen aber hat die Forderung nach einer Erwerbstätigenversicherung Kreise gezogen. So beschloss der schwarz-rote Koalitionsausschuss Ende November: Die noch zu besetzende Rentenkommission solle sich mit der "Einbeziehung weiterer Gruppen in die gesetzliche Rentenversicherung" beschäftigen.

Der Vorsitzende der ABV, Rudolf Henke, hierzu: "Wenn eine Erwerbstätigenversicherung ernsthaft die Diskussion in der Rentenkommission als Reformoption überstünde, käme dies einer Abkehr von 130 Jahre geltenden Grundprinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung gleich." Die Folgen für die Rentenfinanzen und die Verteilungswirkungen wären indes gänzlich andere als gemeinhin damit verbunden.

Als Spitzenorganisation begleitet die ABV die rentenpolitische Debatte. Mit der Einbeziehung von Beamten oder von Angehörigen der Freien Berufe in die gesetzliche Rentenversicherung würden ihre finanziellen Defizite nur vergrößert. Denn Freiberuflern würden im Schnitt höhere Renten zustehen, die noch dazu länger ausbezahlt werden müssten. Die Eintrittsgewinne würden sich mittelfristig in einen Nachteil umkehren – und zwar für die heutigen Rentenversicherten. Im Übrigen beteiligen sich die Angehörigen der Freien Berufe über das Steuersystem an den Bundeszuschüssen zur gesetzlichen Rentenversicherung, erhalten für ihre Altersvorsorge aber keinerlei Steuergelder aus der Staatskasse. Beides ist systemgerecht, da der Gesetzgeber der Rentenversicherung umfängliche gesamtgesellschaftliche Lasten übertragen hat. Bei einem Einbezug in die gesetzliche Rentenversicherung müsste ein entsprechender Anteil der Bundeszuschüsse auch für diese neue Gruppe eingeplant werden.

"Es ist daher mehr als ratsam, sich mit der Erwerbstätigenversicherung nicht romantisch, sondern realistisch auseinanderzusetzen und genau zu überlegen, welche Schritte in Anbetracht der finanziellen Herausforderungen des Rentensystems tatsächlich sinnvoll sind", ordnet Henke ein. Denn eine Einheitsrente käme nicht nur einem grundlegenden Umbau der ersten Säule des deutschen Alterssicherungssicherungssystems gleich, der darüber hinaus Jahrzehnte lang andauern würde. "Dies würde fatalerweise auch dazu führen, dass die finanziellen Probleme, die die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund des demografischen Wandels schon heute hat, noch wachsen würden", warnt Henke vor einer Erwerbstätigenversicherung.

Die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV) ist die Dachorganisation aller 91 auf Landesrecht beruhenden öffentlich-rechtlichen Pflichtversorgungseinrichtungen der Angehörigen der verkammerten Freien Berufe. Sie vertritt und fördert die gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder in Berlin und Brüssel. Generationenfest und wirtschaftlich sorgen die Versorgungswerke für sichere Renten und finanzielle Nachhaltigkeit. Die Altersvorsorgeeinrichtungen sind selbstverwaltet.